Forschung & Innovation
Politische Ökonomie und nachhaltige Entwicklung
Das Forschungs- und Innovationsteam Politische Ökonomie und Nachhaltige Entwicklung unter der Leitung von Prof. Dr. Kai Gehring entwickelt Theorien, die ökonomisches Wissen mit einer interdisziplinären Perspektive verbinden, und prüft sie umfassend mithilfe moderner quasi-experimenteller und experimenteller ökonometrischer Methoden. Die Forschenden nutzen dabei verschiedenste Datenquellen, die nebst klassischen Wirtschaftsindikatoren auch räumliche, historische und textliche Daten umfassen. Zwei der aktuellen Schlüsselprojekte des Teams befassen sich mit der Rolle von Narrativen bei der Ermöglichung oder Verhinderung eines transformativen Wandels sowie mit dem entwaldungsfreien Aufspüren und quecksilberfreien Abbau von Gold im peruanischen Amazonasgebiet. Das Team stützt sich bei seiner Arbeit stark auf Techniken des maschinellen Lernens, die es zur Verarbeitung natürlicher Sprache und zur Analyse von räumlichen Daten wie Satellitenbildern einsetzt.
Interview mit Lina Götze, Research Associate im Forschungs- und Innovationsteam Politische Ökonomie und Nachhaltige Entwicklung l Leitung: Prof. Dr. Kai Gehring
Wichtigste Erfolge im Jahr 2023
1. Saubere Goldgewinnung: Vorarbeit für künftige Kooperationen
Im Jahr 2023 machte das Team bedeutende Fortschritte bei der Förderung eines verantwortungsvollen Goldbergbaus in der Region Madre de Dios in Peru. In Stakeholder-Workshops in Peru und der Schweiz brachte das Team Minenbetreibende, Bergleute, indigene Gruppen und akademische Fachpersonen zusammen und legte damit den Grundstein für künftige Kooperationen. Die Forschenden erkannten, dass Entscheidungen von Privatunternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Regierungen in der Vergangenheit oft von falschen Vorstellungen über den Bergbau geprägt worden waren. Um dies zu ändern, arbeiten sie nun daran, qualitativ hochwertige, datengestützte Informationen zu liefern, die als Grundlage für künftige Entscheidungen dienen und so für verantwortungsvolle, nachhaltige Bergbaupraktiken sorgen können.
Fernando Fernandez und Kattia Diaz vom Forschungsteam sowie Abraham Terrones von der lokalen Partnerorganisation CITE hören einem Minenbetreiber zu, der über den Stellenwert von Bildung in seinem Konzessionsgebiet spricht | Foto: Alejandro Portillo
Diskussion unter Forschenden an einem Workshop über die Herausforderungen im Bereich des handwerklichen Bergbaus, der in Peru stattfand | Foto: Juan Carlos Huayllapuma
2. Eine neue Methode zur Konzeptualisierung und Messung von Narrativen
In seinem Arbeitspapier über Narrative rund um die US-amerikanische Klimapolitik auf X (ehemals Twitter) von 2010 bis 2021 hat das Team einen neuen Ansatz zur Konzeptualisierung und empirischen Messung von Narrativen in Textdaten vorgestellt. Die Analyse befasste sich mit Geschichten, in denen «Helden», «Bösewichte» und «Opfer» vorkommen. Die Forschenden fanden heraus, dass sich Geschichten rund um einfache menschliche Charaktere – insbesondere rund um «Bösewichte» – stärker verbreiten. Dieser Trend fällt besonders in den Narrativen von populistischen Führungsfiguren auf und beeinflusst den öffentlichen Diskurs zur Klimapolitik.
3. Vernetzung beim Monitoring — und Monetarisierung von CO2 und Biodiversität
Im Rahmen der Forschungsarbeit zu Kompensationsmechanismen in den Bereichen Klima und Biodiversität in Nordkenia war im Berichtsjahr, erfolgreich durchgeführte Workshop zur Einbeziehung von Interessengruppen von grosser Relevanz, da er wesentlich zur Förderung von Diskussionen und zur Entwicklung einer neuen Theorie des Wandels für dieses interdisziplinäre Projekt beitrug. Zentral war in diesem Zusammenhang das Kennenlernen des umfangreichen Netzwerks von Organisationen, die bereits im kenianischen Emissionshandelssektor tätig sind. Dies veranlasste das Projektteam, seine Strategie neu auf die Zusammenarbeit mit diesen Gruppen auszurichten, um so Synergien aufzubauen – insbesondere mit der Laikipia Conservancies Association. Diese Ausweitung des Projekts wurde durch die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit der Organisation Natural State weiter gefestigt.
4. Friedensversicherung: Die Rolle von Finanzhilfen in Dürrezeiten
In einem Arbeitspapier zeigte das Team auf, dass ein Versicherungsprogramm in Kenia, das in Dürrezeiten finanzielle Unterstützung bietet, Konflikte – insbesondere zwischen Viehzüchtenden und Bauern –, wirksam reduziert. Analysen des Zeitraums von 2001 bis 2020 zeigten, dass versicherte Viehzüchtende sich weniger weit von ihren angestammten Gebieten entfernen, was Auseinandersetzungen um Ressourcen in umstrittenen Gebieten vermindert. Diese Erkenntnis unterstreicht die Rolle marktorientierter Lösungen bei der Konfliktminderung – und die Notwendigkeit, dass staatliche Stellen und Nichtregierungsorganisationen den Zugang zu solchen Unterstützungsangeboten für vulnerable Gruppen verbessern.
5. Wissenschaftliche Publikationen
Im Jahr 2023 veröffentlichte das Team zwei Forschungsartikel in der Zeitschrift «Review of Economics and Statistics». Der erste Artikel untersucht, warum namibische Haushalte mit der Zahlung von Wassergebühren in Verzug geraten, und analysiert Tests von Massnahmen zur Förderung der Zahlungsmoral. Der zweite Artikel beleuchtet die Herausforderungen der illegalen Ressourcenproduktion und des illegalen Ressourcenhandels im Zusammenhang mit geringen staatlichen Kapazitäten und wiederkehrenden Konflikten zwischen Bevölkerungsgruppen.