Regionale Hubs
Hub Südamerika
Standort/Region: Madre de Dios, Peru
Bevölkerung: Rund 140 000 Menschen
Biodiversität: Madre de Dios ist ein bedrohter Biodiversitäts-Hotspot in den tropischen Anden, der über grosse, noch weitgehend ungestörte Regenwaldflächen verfügt und eine der weltweit höchsten Biodiversitätsraten mit bis zu 300 verschiedenen Baumarten auf einem einzigen Hektar Land aufweist. Der Regenwald bietet hier Lebensraum für einzigartige Pflanzen und Tiere und speichert global bedeutende Mengen an CO2.
Die Arbeit des Hubs Südamerika der Wyss Academy for Nature konzentriert sich auf die Region Madre de Dios im peruanischen Amazonasgebiet, die aufgrund von expansiver Landwirtschaft, Holzschlag und Bergbau mit erheblichen Landschaftsveränderungen konfrontiert ist. Diese haben sich mit der Fertigstellung der interozeanischen Schnellstrasse noch verstärkt und bedrohen die Biodiversität sowie die Kultur und das Wohlergehen der Menschen vor Ort. Um diese negativen Trends umzukehren, arbeitet der Hub zusammen mit Partnerorganisationen daran, den Naturschutz mit den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung in Einklang zu bringen. Gemeinsam erarbeiten sie neue Modelle, um Alternativen zur aktuellen Entwicklung zu schaffen – gestützt auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und auf lokalem Wissen. Der Hub engagiert sich in Projekten zu innovativer regionaler Governance, transformativen Wissensdialogen und aktiven Netzwerken für transformativen Wandel. Die Provinz Tambopata, wo verschiedene Formen der regionalen Governance – von geschützten bis zu stark degradierten Gebieten – nebeneinander bestehen, bietet ideale Bedingungen für die Umsetzung eines sogenannten Solutionscapes: Hier testet das Hub-Team zusammen mit Interessengruppen in Reallaboren Ansätze zur Förderung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung im Einklang mit Naturschutzzielen.
Interview mit Prof. Dr. Armando Valdés-Velásquez, Senior Advisor beim Hub Südamerika l Leitung: Miguel Saravia
Wichtigste Erfolge im Jahr 2023
1. Fortschritte in Richtung Rentabilität: Experimente entlang des Paranuss-Wertschöpfungsnetzes
Die Paranuss ist ein wertvolles Nichtholzprodukt des Waldes in Madre de Dios, der mittels Konzessionen verwaltet wird. Im Jahr 2023 unterstützte der Hub Südamerika fünf Organisationen bei der Durchführung von Experimenten entlang des Paranuss-Wertschöpfungsnetzwerks, von der Entwicklung technologischer Prozesse für die Herstellung von Käse und Joghurt bis hin zu einer App zur Verbesserung der Rückverfolgbarkeit und der Schätzung des Kohlenstoffgehalts der Bäume. Der Hub leitete auch eine Studie zur Ermittlung potenzieller Spin-offs in der Abfallwirtschaft. Darüber hinaus startete das Team einen Prozess, um gemeinsam mit den Interessengruppen eine Plattform für Experimente und die Entwicklung von Unternehmen rund um die Paranuss zu schaffen. Daraus sollen insbesondere in der Provinz Tambopata zukunftsfähige Entwicklungsmöglichkeiten für die konzessionsnehmenden und andere Interessengruppen entstehen.
Elina Yumbato und Oswaldo Balarezo beim Sammeln von Paranüssen in ihrem Konzessionsgebiet an der Paranuss-Route, einer nachhaltigen und von der lokalen Bevölkerung lancierten Tourismusinitiative zur Aufwertung der Wälder und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Sammler*innen. Tambopata-Naturreservat, Provinz Tambopata, Madre de Dios, Peru | Foto: Natalia Peralta
2. Bessere Koordination und Governance: Nachhaltiger Tourismus in Tambopata
Der Tourismus in der Provinz Tambopata steht vor grossen Herausforderungen, die sich stark auf das Ökosystem auswirken. Dazu gehören die geringe Wettbewerbsfähigkeit der Akteur*innen, eine schlechte Koordination zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, ineffizientes Dienstleistungsmanagement, mangelnde Differenzierung und ein erhöhter Druck auf die natürlichen Ressourcen. Gemeinsam mit der Partnerorganisation Swisscontact hat der Hub Bedürfnisse und Lücken ermittelt, um das lokale Wertschöpfungsnetzwerk zu stärken und die Koordination und Governance zwischen den Akteur*innen zu verbessern. Daraus ist insbesondere an zwei Standorten in der Provinz Tambopata eine Community of Practice entstanden, die im Jahr 2024 im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen wird.
Der Lago Sandoval, eine Tourismusdestination, ist Teil des Programms für nachhaltigen Tourismus des Hubs Südamerika. Tambopata-Naturreservat, Provinz Tambopata, Peru | Foto: Pavel Martiarena
3. Strategieplan für die Pufferzone des Tambopata-Naturreservats
In Zusammenarbeit mit Conservación Amazónica (ACCA), dem Verwaltungsausschuss des Tambopata-Naturreservats und der nationalen Naturschutzbehörde (SERNANP) hat das Team des Hubs Südamerika einen Strategieplan für die Pufferzone des Reservats ausgearbeitet. Der Plan entspricht den Bedürfnissen der Interessengruppen, und die Erfahrung seiner gemeinsamen Erarbeitung wurde in der Form von landesweiten Richtlinien nutzbar gemacht. In einem nächsten Schritt wird der Hub die Integration des Plans in die Entwicklungsstrategie der Provinz Tambopata unterstützen. Das soll aufzeigen, wie einzelne Pläne zur Umsetzung des Gesamtentwicklungsplans im Solutionscape beitragen können.
4. Unterstützung von Innovation und Unternehmensgeist in der Provinz Tambopata
Die Einbindung von Interessengruppen ist für die Erhaltung und Förderung gesunder Wälder und multifunktionaler Landschaften entscheidend. Daher arbeitete das Hub-Team mit der Verwaltung der Provinz Tambopata und anderen lokalen Akteur*innen zusammen, um einen von den Behörden unterstützten Vorschlag zur Förderung von Innovation und Unternehmensgeist in der Provinz Tambopata mitzugestalten. Es begleitete auch Privatunternehmen bei der Erarbeitung eines Vorschlags für eine Initiative für nachhaltige Investitionen in Madre de Dios, die sich auch auf Teile der Provinz Tambopata auswirken soll. Zudem begleitete das Team drei Jugendprogramme bei der Förderung von Führungskompetenzen und Unternehmensgeist. Und schliesslich unterstützte es den Círculo de Investigación del Bambú – CIB («Gemeinschaft für Bambusforschung») beim Ausloten weiterer Entwicklungsmöglichkeiten in der Region.
5. Möglichkeiten der Zusammenarbeit zur Förderung von fairem und nachhaltigem Goldbergbau
Die Goldgewinnung bringt schwerwiegende ökologische und soziale Herausforderungen mit sich. Gleichzeitig ist der handwerkliche und kleinbetriebliche Goldbergbau für die Wirtschaft von Madre de Dios entscheidend und trägt wesentlich zur Entwicklung der Region bei. Dank einer Sondierungsstudie mit einem Forschungszentrum der Universidad del Pacifico konnten Ansatzpunkte für eine Zusammenarbeit zur Förderung eines gerechten und verantwortungsvollen handwerklichen und kleinbetrieblichen Goldbergbaus in Madre de Dios und insbesondere in der Provinz Tambopata ermittelt werden. Der Hub hat zudem einen vertraulichen Rahmen geschaffen, in dem die wichtigsten Interessengruppen zusammenkommen und Mängel und Bedürfnisse in der Wertschöpfungskette des handwerklichen und kleinbetrieblichen Goldbergbaus besprechen können.
Schale mit Quecksilber und Goldsand. Bei der Goldgewinnung wird Quecksilber in grossen Mengen eingesetzt. Indigene Gemeinschaft San Jacinto, Provinz Tambopata, Peru | Foto: Pavel Martiarena
Mitarbeitende des Hubs Südamerika. Von links nach rechts: Gabriela González, wissenschaftliche Mitarbeiterin; Renzo de la Peña, Programmmanager; Gaby Wiederkehr-Guerra, wissenschaftliche Mitarbeiterin; Armando Valdés-Velásquez, Senior Advisor und Leiter des Forschungsteams; und Alejandro Portillo, wissenschaftlicher Mitarbeiter | Foto: Pavel Martiarena