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Interview mit Dr. Sarah-Lan Mathez-Stiefel, Senior Advisor, CDE

Dr. Sarah-Lan Mathez-Stiefel arbeitet mit lokalen NGOs, der regionalen Regierung, Forscher:­innen und Berater:innen sowie anderen Stakeholdern in Peru zusammen. In diesem Interview spricht sie über die Herausfor­derungen und Aktivitäten der Wyss Academy in der Pufferzone des Tambopata-Naturreservats.

Portrait Marthez

Dr. Sarah-Lan Mathez-Stiefel

Forscherin am Zentrum für nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) der Universität Bern, Zusammenarbeit mit der Wyss Academy seit der Pilotphase

Wie hat ein partizipativer Ansatz zur Erstellung des Strategischen Pufferzonenplans (PEZA) geführt?

Der Prozess begann 2017, bevor wir ankamen. Der Leiter des Tambopata-Naturreservats ist ein Vertreter des Nationalen Dienstes für Naturschutzgebiete in Peru (SERNANP) und zum Managementkomitee gehören auch lokale Bauern sowie andere Stakeholder. Dieses Komitee hat in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Naturreservats und lokalen NGOs den strategischen Pufferzonenplan (PEZA) konzipiert und ausgearbeitet. In der Pufferzone nördlich des Tambopata-Naturreservats lebt eine vielfältige Bevölkerung von rund 15 000 Bauern und Bäuerinnen, indigenen Communitys und Siedlern. Es gibt auch illegale Gruppen wie Bergleute und Holzfäller, die in das Gebiet eindringen. Deshalb ist es ein zentrales Ziel des PEZA, eine starke institutionelle Kontrolle über das Geschehen in diesem Gebiet zu haben.

South America Interview 4

Ein wichtiges Ziel ist es, eine vielseitige Nutzung des Gebiets im Einklang mit der Biodiversität zu ermöglichen, einschliesslich Ökotourismus und nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Wie lässt sich das erreichen?

Eine Besonderheit des PEZA, die im Zusammenhang mit Schutzgebieten in Peru nicht selbstverständlich war, ist, dass der Plan ausdrücklich anerkennt, wie wichtig es ist, Naturschutz mit den Nachhaltigkeitszielen zu vereinbaren. Ein Ziel des PEZA war von Anfang an nicht nur der Schutz des Waldes, sondern auch die Förderung so genannter «produktiver Aktivitäten» im Einklang mit dem Naturschutz. Dazu gehören Agroforstwirtschaftssysteme mit Kakao und anderen hochwertigen Nutzpflanzen, Fischzucht, Paranusskonzessionen und Ökotourismus. Der Plan verbindet diese Aktivitäten mit dem Schutz der stehenden Wälder. Einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg des PEZA ist dieser integrierte Ansatz und die Tatsache, dass der Plan äusserst partizipativ konzipiert wurde.

Wie war es möglich, eine gemeinsame Vision für alle beteiligten Parteien zu entwickeln?

Das ist, ehrlich gesagt, nicht unser Verdienst. Bereits 2017 wurde ein Multistakeholder-Prozess gestartet. Die von uns durchgeführte Studie zeigte einen wesentlichen Erfolgsfaktor auf: Die verschiedenen Stakeholder trafen sich über Jahre regelmässig, um eine Vision zu entwickeln, zu planen und dann umzusetzen und zu überwachen. Die Stakeholder treffen sich auch heute weiterhin regelmässig. Wir leisten mit unseren Ansätzen und unserem Wissen einen Beitrag zur gemeinsamen Vision. Einer der Ansätze war beispielsweise die Unterstützung bei der Entwicklung eines Monitoring-Tools. Mit unserem Wissen haben wir beigetragen, indem wir eine Studie durchführten, die den Designprozess untersuchte und heute die Umsetzung dieses Management-Tools beobachtet, um seine Stärken und Schwächen sowie seinen innovativen Charakter und sein Skalierungspotenzial zu analysieren. Dieses Wissen ist äusserst nützlich, um die formelle Anerkennung durch die Regionalregierung zu erhalten.

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Die Wyss Academy trägt dazu bei, dass bewährte Lösungen breiter verfügbar werden. Wie können Sie sich die Ausweitung auf ganz Peru vorstellen?

Zunächst gibt es eine Skalierung auf regionaler Ebene, im gesamten Departement Madre de Dios. Als Instrument für das Management von Pufferzonen muss der PEZA zunächst von der Regionalregierung von Madre de Dios formell anerkannt werden. Sobald der Plan als formelles Instrument anerkannt ist, kann er im Rahmen des regionalen integrierten Entwicklungsplans, der derzeit ausgearbeitet wird, auf andere Schutzgebiete angewendet werden. Dieses Jahr ist also ein Schlüsseljahr und wir unterstützen diesen Prozess der Formalisierung und Institutionalisierung. Was die Skalierung betrifft, so sehen wir das Potenzial, dieses Instrument auf die nationale Ebene zu bringen und in die Naturschutzpolitik einzubeziehen, und zwar durch den Nationalen Dienst für Naturschutzgebiete in Peru (SERNANP), der dem Umweltministerium untersteht. In Peru gibt es 69 Schutzgebiete, deren Pufferzonen über 14 Millionen Hektar Land umfassen.

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Was ist das «Permanent Seminar for Agricultural Research» (SEPIA) und wie sind Sie daran beteiligt?

Das «Permanent Seminar for Agricultural Research» ist eine der angesehensten Plattformen für Intellektuelle und Forscher:innen in den Bereichen Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und zunehmend auch im Management natürlicher Ressourcen in Peru. Es ist ein Thinktank für Wissenschaftspolitik mit wertvollen Kontakten zu politischen Entscheidungsträgern. Darüber hinaus engagieren sich die Mitglieder von SEPIA häufig direkt in der peruanischen Politik. Alle zwei Jahre findet eine grosse Konferenz statt und im Dezember letzten Jahres wurde diese Konferenz bereits zum 19. Mal durchgeführt. Das heisst SEPIA existiert bereits seit vier Jahrzehnten. Was an der Konferenz präsentiert wird, wird durch ein strenges Auswahl- und Peer-Review-Verfahren bestimmt. Damit ist man sich landesweit einig, dass das präsentierte Material von hoher wissenschaftlicher Qualität ist. Die Wyss Academy organisierte einen abschliessenden Round Table, bei dem wir die Ergebnisse einer Studie über nachhaltige Entwicklung und Naturschutzpolitik am Beispiel von Madre de Dios vorstellten. Die Studie untersuchte die politische Kohärenz respektive deren Fehlen und schlug dann Wege zur Verbesserung der politischen Kohärenz vor, um Naturschutz und Entwicklungsbemühungen miteinander in Einklang zu bringen.

Challenge 1

Förderung hochwertiger Waldprodukte mit mehrfachem Nutzen für Natur und Menschen

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