Hub Ostafrika: Challenge 1

Wohlhabendere Menschen in gesünderen semiariden Landschaften

Der Norden Kenias ist mit raschen und tiefgreifenden Veränderungen in Gesellschaft und Umwelt konfrontiert. Häufigere Dürren, veränderte saisonale Niederschlagsmuster, die Ausbreitung invasiver Pflanzenarten, der zunehmende Verlust der Biodiversität und der immer schlechtere Zustand des Bodens und der Wasserressourcen beeinträchtigen die Lebensgrundlagen der Menschen, die von der Viehzucht oder von der Kleinlandwirtschaft leben. Hinzu kommen die Auswirkungen einer stetig wachsenden Bevölkerung, auch weil Menschen aus anderen Teilen Kenias hierherkommen, um die Arbeitsmöglichkeiten zu nutzen, die sich aus kleinen und grossen Entwicklungsprojekten wie dem Lamu Port-South Sudan-Ethiopia Transport Corridor (LAPSSET) ergeben. Dadurch entsteht zunehmender Druck rund um die Nutzung von Land und natürlichen Ressourcen, der zu Konkurrenz und Konflikten führt. Wildtiere und Viehherden haben immer weniger Platz, um ihren Nachwuchs aufziehen, zu grasen und umherzuziehen, und die verbleibenden Gebiete sind zunehmend fragmentiert. Auch die Lebensgrundlagen und das Wohlergehen vieler Menschen sind bedroht. Konflikte nehmen zu – nicht zuletzt wegen der Frage, wie die gemeinschaftlichen Ressourcen zu verwalten sind. Zudem kann die Natur ihre lebenswichtigen Ökosystemleistungen nur noch eingeschränkt erbringen. Ein sorgfältiges Gleichgewicht zwischen Naturschutz und wirtschaftlicher Entwicklung ist daher entscheidend.

Challenge East Africa

Foto: Peter Messerli

Unser Ziel
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Erhaltung multifunktionaler semiarider Landschaften und Stärkung der Landschaftsvernetzung, um den gemeinsamen Nutzen für Natur und Menschen zu maximieren

Gemeinsame Entwicklung von Lösungen und Stewardship
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Mit unserem Schwerpunkt auf den Ol Donyiro und Naibunga Community Conservancies legten wir den Grundstein für die Formulierung einer Vision für diese Gebiete sowie für die Bildung einer institutionalisierten und einsatzbereiten Allianz, um die gemeinsame Vision voranzubringen. Mit Partnern wie dem Northern Rangelands Trust und CETRAD bot ein gemeinsames Verständnis der Systemdynamik die Möglichkeit, neue Visionen zu entwickeln und sie mit bereits in der Region vorhandenen Ideen zu kombinieren. Diese laufende Arbeit baut auf dem ersten Co-Design-Prozess von 2019 auf und dient dazu, die aktuellen Inkubatoren weiter miteinander zu integrieren und noch mehr Synergien für den Systemwandel zu schaffen. Neben der Durchführung einer Sensitivitätsanalyse zum Verständnis der Systemdynamiken in Ol Donyiro und Naibunga stärkt das interdisziplinäre Forschungsteam zur Wasserknappheit allgemein unser Systemverständnis und bietet Möglichkeiten zur Prüfung weiterer Inkubatoren. Gleichzeitig werden gemeinsam konkrete Innovationen entwickelt und vor Ort getestet, um die Vernetzung der Landschaft für die gemeinsame Nutzung durch Menschen, Vieh und Wildtiere zu verbessern. Die parallel laufende Entwicklung einer partizipativen und evidenzbasierten Raumplanung auf County-Ebene wird dazu dienen, den Prozess vorzubereiten, durch den solche Landschaftsvernetzungen – zum Beispiel dual genutzte Migrationskorridore – offiziell anerkannt und ausgewiesen werden können. Durch die bestehende Zusammenarbeit mit der National Land Commission of Kenya werden solche auf County-Ebene entwickelten Ansätze dereinst auf die nationale Ebene ausgeweitet werden können.

Laufende Projekte
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  • Pilotprojekt für ein nationales Inventar empfindlicher Ökosysteme
  • Dual genutzte Migrationskorridore
  • Raumplanung auf County-Ebene in Laikipia
  • Jugendgeführter Naturschutz

Pilotprojekt für ein nationales Inventar empfindlicher Ökosysteme
Dieses Pilotprojekt verzeichnet bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung eines räumlichen Inventars empfindlicher ökologischer Ressourcen, die lebenswichtig sind für Menschen und Wildtiere in den semiariden Gebieten Kenias (Countys Laikipia, Samburu und Isiolo). Die Daten enthalten Informationen über Quellen, Feuchtgebiete, Konzentrations- und Ausbreitungsgebiete von Wildtieren sowie Wanderrouten von Viehzüchter*innen und ihren Herden. Obwohl diese Elemente sowohl für die lokale Bevölkerung als auch für die Wildtiere von zentraler Bedeutung sind, wurden sie bislang nicht systematisch kartiert – und was nicht über die lokale Gemeinschaft hinaus bekannt ist, kann auf höheren Verwaltungsebenen auch nicht geschützt und gepflegt werden. Im Jahr 2021 gründeten wir eine sektorübergreifende Arbeitsgruppe zur Begleitung des Projekts unter der Leitung der National Land Commission of Kenya, die massgeblich an seiner Gestaltung beteiligt gewesen war. 2022 erweiterten wir unseren Ansatz zur Datenbeschaffung und bezogen Mitglieder aus den lokalen Gemeinschaften der verschiedenen Regionen in die Datenerhebung mit ein. Dies stärkte nicht nur die Beteiligung der Menschen vor Ort und ihr Interesse für die durchgeführte Arbeit, sondern verbesserte auch unsere Effizienz. Die Datenerhebung konnte in Isiolo und Laikipia abgeschlossen und in Samburu begonnen werden. Zusammen mit den Projekten zu dual genutzten Migrationskorridoren und Raumplanungsaktivitäten auf County-Ebene bezieht dieses Projekt vertikale und horizontale Governance-Systeme (auf kommunaler, County- und nationaler Ebene) mit ein, um die Bewirtschaftung dieser wichtigen ökologischen Ressourcen zu verbessern.

Dual genutzte Migrationskorridore
Dieses Projekt dient der Entwicklung und Erprobung von Ansätzen zur Sicherung von dualen Migrationskorridoren für Wild- und Nutztiere – und zwar sowohl in der Praxis (auf kommunaler Ebene) als auch in der Gesetzgebung (auf Regierungsebene). Dabei handelt es sich um wichtige Routen, über die Menschen und ihr Vieh sowie Wildtiere im Norden Kenias zu saisonalen Weide- und Wasserressourcen gelangen können. Die Möglichkeit umherzuziehen bietet eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber Dürren und anderen umweltbedingten Unwägbarkeiten und ermöglicht es Menschen und Tieren, konkurrierenden Nutzungsansprüchen auf das Land auszuweichen. Im Jahr 2022 fanden in vier verschiedenen Community Conservancies insgesamt sechs Treffen mit Vertretungen aus den lokalen Gemeinschaften und den örtlichen Regierungen statt, um die Anerkennung der Korridore zu verbessern. Acht Mama Tembos (Samburu-Frauen, die als «Elefantenmütter» bekannt sind) haben gelernt, Daten über die Nutzung der Korridore durch verschiedene Tierarten sowie über Bedrohungen der Korridore zu sammeln. Durch ihre Arbeit versuchen sie, diese Bedrohungen auf kommunaler Ebene zu mindern, indem sie die Menschen sensibilisieren und Treffen veranstalten. Die Korridore werden im Rahmen einer Partnerschaft zwischen Save the Elephants, dem Northern Rangeland Trust (NRT) und dem Centre for Training and Integrated Research in ASAL Development (CETRAD) umgesetzt.

Raumplanung auf County-Ebene in Laikipia
Im Rahmen der kenianischen Verfassung und des damit verbundenen Dezentralisierungsprozesses sind die Countys gehalten, für ihr Gebiet eine Raumplanung zu erstellen, die danach als Grundlage für einen integrierten Entwicklungsplan auf County-Ebene dienen kann. Im Jahr 2020 identifizierte die Wyss Academy diesen Prozess als wichtiges politisches Fenster, durch das lebenswichtige ökologische Ressourcen und insbesondere die Migrationskorridore Eingang in die Raumplanungsprozesse sowie in wirtschaftliche und soziale Entwicklungsstrategien finden könnten. 2022 erweiterten wir unsere Aktivitäten zur Einbindung von Interessengruppen, die sich bis anhin auf die Erfassung von Daten zu ökologischen Ressourcen auf Gemeinde- und Regierungsland im Laikipia County beschränkt hatten. Wir organisierten eine Reihe von Workshops, an denen grosse private Landbesitzende und grosse, treuhänderisch verwaltete Grundstücke in den Raumplanungsprozess miteinbezogen wurden. Dabei war es von entscheidender Bedeutung, dass wir im Anschluss an die Workshops Zugang zu diesen Ländereien erhielten, um Daten über ihre ökologischen Ressourcen zu sammeln und diese in die Planung einfliessen zu lassen. Durch die Etablierung einer Zusammenarbeit mit Fachpersonen aus verschiedenen Regierungsbehörden, geschicktes Nutzen der Freiräume zwischen kommunalen Governance-Systemen, Gesetzen und Vorschriften der County-Regierung und deren Integration in die nationale Regierungspolitik sowie durch die Bereitstellung von technischer Unterstützung hat die Wyss Academy die Qualität, die Quantität und die Verfügbarkeit von Grundlagendaten verbessert und deren Relevanz für die verschiedenen Stellen, die für die Entscheidungsfindung im Land zuständig sind, gesteigert.

Jugendgeführter Naturschutz
Aufbauend auf dem Schwung der 2021 begonnenen Partnerschaft zwischen der Wyss Academy und der Navilla Youth Conservation Group wurde die Zusammenarbeit mit der Jugendgruppe 2022 intensiviert. Mit mehr als 600 Mitgliedern, die über das gesamte Laikipia County verteilt sind, verfügt die Gruppe über eine erhebliche Mobilisierungskraft. Das Kernkomitee ist hoch motiviert und hat den starken Wunsch, seine Vision einer «gebildeten, selbstbestimmten und friedlichen Gemeinschaft, die in gesunden Landschaften mit den Wildtieren zusammenlebt» zu verwirklichen. Im Jahr 2022 konzentrierten wir uns auf die Stärkung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten zur Durchführung von Aktivitäten, die ihre Vision unterstützen, einschliesslich Kompetenzen in den Bereichen Governance, Finanzen, Projektplanung und Projektmanagement. Wir arbeiteten mit ihnen zusammen, um Teile des Schutzgebiets der Il Motiok Group Ranch neu einzusäen. In Vorbereitung auf die Zusammenarbeit mit Interessengruppen aus der weiteren Umgebung führten wir einen Workshop durch, um die vorrangigen Bedürfnisse der Jugendgruppe zu ermitteln und zu erfahren, welches die grössten Herausforderungen sind, mit denen sie sich bei der Verwirklichung ihrer Vision konfrontiert sehen. Ausserdem setzten wir unsere Partnerschaft mit Titoh Star fort, einer jungen Samburu-Sängerin, die sich leidenschaftlich für die Natur und die Stärkung der Rolle der Frau einsetzt. Wir unterstützten sie bei der Veröffentlichung eines Musikalbums und zweier Musikvideos, um so mehr Jugendliche im Gebiet zu erreichen.